Madeleine Kern: “Unternehmen, werdet sichtbar für eure Wunschkandidaten!”

In unserer neuen Interviewreihe mit ExpertInnen aus dem Personalbereich, stellen wir regelmäßig interessante Menschen vor. Wir freuen uns, diese Runde mit Madeleine Kern zu eröffnen.

FYLTURA: Hallo Madeleine, bitte stell dich unseren LeserInnen doch kurz vor.

Mein Name ist Madeleine Kern, ich lebe mit meiner Familie in Stuttgart und habe eine Jahreskarte für die Wilhelma (so heißt hier der Zoo). Beruflich habe ich mich letztes Jahr (Ende 2019) neben meinem Job bei Daimler mit einer eigenen Beratung für Personalmarketing selbstständig gemacht. Von Dezember 2020 an ist mein Business dann mein Hauptberuf und ich bin gespannt, wie sich das entwickelt.

Was zeichnet Personalmarketing Kern aus?

Das bin zunächst mal ich, meine Person mit allen scharfen Ecken und weichen Kanten. Ich habe eine innere Überzeugung, dass es für jeden Menschen einen passenden Job gibt. Mit meiner Leidenschaft für Personal und Marketing war dann für mich klar, dass ich die großartigen Unternehmen sichtbar machen muss, die tolle Jobs anbieten. Denn ein Unternehmen, das nicht gefunden wird, bei dem kann man sich nicht bewerben. Und woher sollen die Leute denn wissen, was es für tolle Jobs gibt?

“Meine Beratung zeichnet aus, dass ich keine Schablone ansetze.”

Ich sehe mich eher als Coachin, die den UnternehmerInnen zeigt, wie sie ihre Einzigartigkeit und ihre Besonderheiten ausdrücken und sichtbar machen können.

Wer sind deine Kunden?

Ich habe mich auf kleine Unternehmen spezialisiert mit Fokus auf die IT-Branche – darauf bin ich allerdings nicht festgelegt.

In den meisten Fällen sind diese inhabergeführt. Das ist für mich eine Herzensangelegenheit, denn gerade diese Unternehmen haben für Personalarbeit wenig Zeit, keine Person, die das hauptberuflich macht und meistens wenig Grundlagenwissen – von den aktuellen Trends im Personalwesen bekommen sie nichts mit. Müssen sie auch nicht, denn meine Kunden sind Profis ihrer Branche. Für das Personalwissen buchen sie mich.

Worauf kommt es besonders an, wenn man gründet?

Mut. Vor allem den Mut, sich mit sich selbst zu beschäftigen, was man will und auch, was man nicht will.

Für mich war es außerdem ungewöhnlich zu gründen, weil ich die erste in der Familie bin, die diesen Schritt geht. Mein ganzes bisheriges Leben hat sich darauf ausgerichtet, einen gut bezahlten und spannenden Job zu finden.

Da braucht es Mut, aus diesen gesellschaftlichen Konventionen auszubrechen, in denen ich aufgewachsen bin.

Worauf legst du Wert in der Zusammenarbeit mit einem Kunden?

Meine Kunden sollen in erster Linie viel von mir lernen. Das klappt bisher auch sehr gut. Ich sage immer, ich vermittle Wissen, kein Personal. Meine Kunden können nach einem Workshop mit mir die nächsten Stellenanzeigen selbstständig formulieren. Wenn sie Hilfe benötigen, wissen sie trotzdem, wo sie mich finden.

Mir ist es ebenso wichtig, dass ich meine Kunden verstehe und ihre Beweggründe für ihr Geschäft und ihre Leidenschaft begreife. Denn das zeichnet kleine Unternehmen besonders aus – die Leidenschaft für ihr Produkt und ihre Dienstleistung.

Und dann wäre da noch der Spaß, der bei mir nicht zu kurz kommen darf. Also wer in einem Workshop mit mir nicht lacht, da weiß ich auch nicht mehr weiter.

Welche Maßnahmen empfiehlst du, um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken?

Zunächst möchte ich klarstellen, dass es in einigen Berufsgruppen durchaus einen Fachkräftemangel gibt und ich nicht zaubern kann. Es gibt Regionen, in denen bestimmte Berufsgruppen einfach schlecht bis gar nicht zu finden sind.

Allerdings ist das Wort Fachkräftemangel auch viel schneller gesagt als „Selbstreflexion“ oder „ich habe mich gar nicht mit meinem Außenauftritt beschäftigt“. Entschuldige bitte den Sarkasmus, aber es ist leider häufig die fehlende Arbeit mit sich selbst und der Zielgruppe, an der es einigen Unternehmen und Personalabteilungen mangelt.

Ich habe mich hauptsächlich auf die Grundlagen spezialisiert. Denn die schönste und teuerste Kampagne nützt niemandem, wenn die Zielgruppe und die Anforderungen nicht klar definiert sind und das viele Geld am Ende wegen einer mangelnden Basisarbeit keine Wirkung erzielt.

“Ich bin die Frau, die sich darum kümmert, dass Unternehmen ihre Hausaufgaben machen.”

Dazu gehört eine definierte Candidate Journey: Wen möchte ich wie ansprechen? Wie ist mein Bewerbungsprozess? Wie sieht meine Stellenanzeige aus? Warum ist es einfach toll bei mir zu arbeiten?

Stichwort Candidate Journey. Wie sieht für dich der optimale Recruiting Prozess aus?

Mit dieser Frage habe ich ein Problem, denn in meiner Welt hat jedes Unternehmen einen individuellen Recruiting Prozess. Je größer die Unternehmen, desto standardisierter werden die Prozesse. Das sieht bei kleinen Unternehmen, von denen wir in Deutschland mehrere Millionen haben, ganz anders aus.

Manche haben noch nie Werbung für sich und ihre Leistungen gemacht. Die haben kaum Websitebesucher. Da kann der Prozess zum Beispiel nicht zwingend den Besuch der Karriere-Website beinhalten. Ist auch nicht wichtig.

Für mich ist ein Prozess wichtig, der zum Unternehmen passt – ich empfehle grundsätzlich eine ehrliche Kommunikation und einen wertschätzenden Umgang mit den Kandidaten. Alles andere entwickle ich mit meinen Kunden individuell.

Wo siehst du Ersparnis-Potenziale (Zeit/Aufwand) speziell im Recruiting bei deinen Kunden?

Ein Kunde meinte mal zu mir, dass es super war, dass wir die Stellenanzeige jetzt in 3 Stunden komplett fertig gestellt haben – er hätte sonst zwei Wochen dafür gebraucht. Es lohnt sich also, mich zu buchen (haha).

Darüber hinaus kennen insbesondere kleine Unternehmen das Prinzip von Stellenanzeigen-Agenturen nicht. Die zahlen bei den gängigen Jobportalen den vollen Preis. Das finde ich persönlich eine Sauerei. Konzerne bekommen Mengenrabatt. Mittelständler bekommen von Agenturen einen Mengenrabatt weitergegeben und kleine Unternehmen zahlen den vollen Preis, weil sie für Agenturen zu unattraktiv für die Akquise sind.

“Eine Anforderungsanalyse am Anfang der Personalsuche ist unerlässlich.”

Ansonsten ist es logisch, dass man viel Zeit und Aufwand verschwendet, wenn, wie bereits erwähnt, die Basis nicht steht. Eine Anforderungsanalyse am Anfang der Personalsuche ist unerlässlich. Die Selbstselektion zu forcieren und die Personalsuche zu konkretisieren, spart den Unternehmen und den Bewerbern viel Zeit bei der Auswahl.

Wie digital denkst du im Job?

Ich liebe es ja, Menschen im realen Leben zu treffen. Dennoch bin ich durch meine Familie zeitlich und örtlich gebunden und führe alle meine Workshops online durch. Das allein ist aber noch kein digitales Business.

Zukünftig möchte ich ein Online-Trainingskonzept entwickeln, bei dem meine Kunden einen Teil des Lerninhaltes zeitlich unabhängig von mir konsumieren können und ich mich stärker auf die Beratung und Umsetzung fokussieren kann.

Ich sehe auch viel potenzial in Software as a Service für meine Kunden, die höchstens 2-3 Stellen im Jahr ausschreiben. Die brauchen keine Recruiting-Software für tausende von Euros. Aber ich fände es schön, wenn hier mehr Services angeboten werden, die mit Pay as you go funktionieren. Denn auch kleine Unternehmen möchten gerne von den neuesten Entwicklungen profitieren, aber nur, wenn der Aufwand auch dem Nutzen für sie entspricht.

Wo möchtest du mit deinem Unternehmen in 3 Jahren stehen?

Da im letzten Jahr bereits so viel passiert ist, kann ich das wirklich schlecht beantworten. Ich sage aus Spaß gerne, dass ich reich und berühmt werden will. Irgendwie stimmt das auch. Reich bedeutet für mich einerseits, dass ich ein gewinnbringendes Business führe (irgendwann vielleicht mit MitarbeiterInnen). Es bedeutet aber auch, Zeit für Austausch mit KollegInnen zu haben, auf Veranstaltungen zu gehen und viel Zeit für meine Familie zu haben.

“Und ich habe viele Mitstreiter in der Branche. Gemeinsam können wir da richtig was reißen.”

Berühmt hat für mich vor allem den Hintergrund, dass ich als Expertin für Personalmarketing wahrgenommen werde und das meine Sichtbarkeit kontinuierlich steigt. Denn ich möchte schließlich das Personalmarketing in Deutschland verbessern – jeden Tag ein bisschen – Schritt für Schritt.

Was war die bislang beeindruckendste Erfahrung im HR für dich?

Wie viele geniale Ideen es gibt. Wie viele Sichtweisen in diesem Bereich gesehen und gelebt werden. Da gibt es wissenschaftliche, pragmatische, spielerische und hoch strategische Ansätze und natürlich alle denkbaren Kombinationen. Und all diese Vielfalt habe ich besonders auf Twitter kennen und schätzen gelernt. HR ist so ein lebendiges und buntes Thema, dass es eine wahre Freude ist, dass ich darin arbeiten darf.

Wenn du anderen GründerInnen einen Tipp geben könntest, welcher wäre das?

Für besonders perfektionistische Typen wie mich: Keine Sorge, es wird erstmal nicht perfekt. Du kannst es trotzdem zeigen.

Ich habe mal den Satz gelesen, dass es wichtig ist, dass man später über sein erstes Produkt lachen können muss. Mich hat das ein bisschen beruhigt.

Dann ist es sinnvoll sichtbar zu sein – das bedeutet nicht zwingend laut und schrill und ständig. Vernetze dich mit Gleichgesinnten (ja, auch der „Konkurrenz“ – du willst ja was lernen), vernetze dich mit der Vielfalt deiner Branche und natürlich deinen potenziellen Kunden. Welches Medium du dafür wählst, ist egal. Sei so sichtbar, wie du dich wohl fühlst unter den Leuten, bei denen es dir gut geht.

Madeleine, herzlichen Dank für das spannende Interview und viel Spaß und Erfolg mit deiner Agentur Personalmarketing Kern.

Madeleine Kern lebt und liebt herausragende Personalarbeit und gründete 2019 ihr eigenes Unternehmen Personalmarketing Kern. Sie unterstützt kleine Unternehmen mit Workshops und Beratung, deren Arbeitgebermarke zu optimieren, sich zu positionieren und somit ihre Wunschkandidaten zu finden.

Madeleine stammt ursprünglich aus dem Süden von Berlin. Mit ihrem Wirtschaftsstudium an den Universitäten in Frankfurt am Main und Hohenheim hat sie die Grundlagen für ihren Wunsch gelegt, selbst einmal eine große Werbekampagne zu entwickeln.

Dann entdeckte sie ihre Leidenschaft für Personal und hat diese bereits während des Studiums und danach in mehreren Unternehmen ausleben dürfen.

Madeleine möchte noch mehr Unternehmen zeigen, wie wichtig gutes Personalmarketing ist und möchte diese Botschaft so weit wie möglich mit ihrem eigenen Unternehmen verbreiten.

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